History  
 
Eduard Fürstenberg (1827-1885)

Jochen Muhs

Als zweitjüngster Sohn des reichen Stallmeisters wurde er am 3. Mai 1827 in Berlin geboren. Mit vier Jahren verlor er durch Zahnkrämpfe sein Gehör. Er besuchte er das "Königliche Taubstummeninstitut" zu Berlin. Unter der guten Leitung des Direktors Reimer und des ebenfalls gehörlosen Lehrers Karl Wilke genas er einen guten Unterricht.
Durch sein Talent bekam der 17jährige Ausbildung im Königlichen Rentensamt. Nach seinen Lehrjahren erhielt er einen Anstellungsplatz im Königlichen Finanzministerium, wo er bis zu seinem Tode blieb. Auf Grund seiner Bewährung wurde ihm der Amtstitel "Königlicher Geheimsekretär" verliehen.

Fürstenberg war mit der hörenden Lehrerin Malwine Therese Pasch verheiratet und hatte sechs Kinder. Von den Töchtern war Anna mit dem gehörlosen Lehrer August Schenck verheiratet. Die Jüngste war die Leiterin des neugegründeten gehörlosen Kindergartens.
Am 18. März 1848 revoltierte das Volk in Berlin gegen König F. Wilhelm IV. Es forderte Freiheit. Nach der Märzrevolution wurde am 30. April 1848 der erste "Taubstummen-Verein in Berlin e.V." Deutschlands gegründet. Eduard Fürstenberg wurde Vorsitzender. Ein Jahr später, 1849 gründete er den "Centralverein für das Wohl der Taubstummen in Berlin e.V."

Der Gehörlosen Unterstützungsverein gab finanzielle Unterstützung für mittellose Gehörlose. Zu Weihnachten bekamen die Mitglieder 100 Mark Weihnachtsgeld, die die Not etwas lindern sollten. Auch um Wege aus der Isolation für die Gehörlosen zu finden, organisierte der Verein Zusammenkünfte und führte ebenso fürsorgerische Beratungen durch. Mehr als 37 Jahre leitete Fürstenberg die Vereine.

Fürstenberg organisierte seit 1855 Kirchenfeste für Gehörlose. Kaiser Wilhelm I. gab 1866 mit der Eisenbahn zum jährlichen Kirchentreffen Freifahrten. Etwa 1200 bis 1800 Gehörlosen kamen aus allen Himmelsrichtungen. Zu diesem Feste wurde eine Kaserne, mit Stroh und Decken von der Militärverwaltung zur Verfügung gestellt, um den Männern ein freies Nachtquartier gewähren zu können. Sie wurden im Männer und Frauenasyl untergebracht.

Fürstenberg lud 1873 zum 1. Deutschen Taubstummen-Kongress mit internationalen Gästen in Berlin ein, wo er Vorsitzender der deutschen Gehörlosenvereine wurde. Er war die treibende Kraft der weiteren fünf internationalen Kongresse.

Fürstenberg gründete 1869 einen Frauenverein und einen privaten Kindergarten. 1875 forderte er im Gehörlosen-Kongress die Errichtung von Kindergärten. Er begann 1872 mit seinen eigenen Mitteln die erste deutsche Gehörlosen-Zeitschrift "Taubstummenfreund" mit 500 Probenummern herauszugeben, Sie befasste sich mit Themen zu Schulfragen, Verlängerung der Schulzeit, Vereinheitlichung der Gebärdensprache, Kindergärten, Kirchen u.a.

Fürstenberg gab auch den Anstoß zur Gründung des Taubstummenheims in Berlin-Hohenschönhausen. 1876 brachte er den Bau eines Hospitals für alte Gehörlose am Dorfe Niederlehne in König-Wusterhausen durch.

Trotz seiner großen Familie besaß Fürstenberg auch die Vormundschaft für 57 gehörlosen Waisenkinder. Aber auch den Gehörlosen half er bei Gerichten und Behörden. Er besaß eine Bibliothek mit italienischen, lateinischen, russischen und hebräischen Büchern.

Fürstenberg gilt als ein Mann unermüdlichen Schaffens und versuchte den damaligen dürftigen Lebensstandard seiner gehörlosen Mitmenschen zu heben. In Berlin gab es zum Zeitpunkt seines Todes am 11. Januar 1885 bereits 13 Gehörlosenvereine.


Änderungen/Berichtigung:
J.Muhs, 6.11.08
am 3. Mai 1827 in Berlin geboren (statt "4. Mai...")
am 30. April 1848 der erste Taubstummen-Verein... gegründet (statt "Zwölf Tage nach... 30. Mai...")


 
Eduard Fürstenberg