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              John E. 
              Pacher (1842-1898) 
                 
                  
              Ein 
              gehörloser erfolgreicher Unternehmer aus Hamburg  
               
               
               
            
              -  
                9. Mai 1842 
                Geburt von John Ernest Pacher in Eppendorf bei Hamburg. 
 
                Seine Eltern: Julius Theodor Pacher, Kaufmann und Johanne Charlotte 
                Pacher, geb. Strelitz. Sie hatten noch zwei jüngere Töchter. 
                 
                 
              - 4. Juli 1842 Taufe 
                in der evangelischen St. Johannis-Kirche in Eppendorf.
 
                Dort hatte Samuel Heinicke von 1768 bis 1777 gelebt und unterrichtet. 
                 
                 
               
              -  Januar 1847 Ertaubung 
                durch Scharlachfieber.
 
                 
               
              - 5. Oktober 1847 Einschulung 
                in die "Taubstummenanstalt" der damaligen Hamburger 
                Vorstadt St. Georg, An der Koppel 45.
 
                Die Eltern von John zahlten das volle Schulgeld. Seine Lehrer 
                waren Peter Daniel Möller und Borsum. Möller arbeitete 
                von 1830 bis 1878 in der "Taubstummenanstalt", in späteren 
                Jahren als Direktor. Es wurde Gebärdensprache im Unterricht 
                eingesetzt. 
                 
               
              - 1853 20 gehörlose 
                Schüler/innen besuchten die Schule an der Koppel. Pacher 
                wurde als der 69. Schüler der "Taubstummenanstalt" 
                (seit der Gründung 1827) gezählt. Sein langjähriger 
                Schulkamerad war Paul Hirschfeld, mit dem John Pacher später 
                im Gehörlosenverein aktiv wurde.
 
                 
               
              - Ostern 1858 Entlassung 
                aus der "Taubstummenanstalt" nach der Konfirmation in 
                der Petrikirche (Altstadt). Er hatte gute Ergebnisse im Sprechen, 
                Schreiben und Lesen nachweisen können. 
 
                 
               
              - 1858 Ausbildung als 
                Porzellanmaler beim Betrieb von Brodersen in Ottensen und später 
                Fortbildung als Lithograph.
 
                 
               
              - 10. Januar 1865 Eröffnung 
                eines selbständigen Geschäftes für Lithographie 
                in der Reichenstrasse 45/Altstadt, wo früher viel kaufmännischer 
                Handel betrieben wurde. 
 
                Von da an entwickelte sich das Geschäft gut, da Pacher als 
                "Selfmademan" viel Selbststudium betrieb. 
                 
               
              - 1865-1870 Viermalige 
                Wohnungsumzüge in Altona und Eimsbüttel.
 
                 
               
              - 1874 Herr Martens wurde 
                als Geschäftsführer eingestellt und entlastete Pacher 
                seine Arbeiten. So konnte Pacher die Beziehungen zu den Kunden 
                knüpfen und Unternehmensreisen machen. 
 
                 
               
              - 23. Mai 1877 Heirat 
                mit Ida Freiin von Münchhausen (gehörlos) im Schloss 
                in Stettin. 
 
                Ida wurde am 27. Juli 1843 in Gardegen geboren. Ihr Vater war 
                Oberpräsident von Pommern und Mitglied des preußischen 
                Herrenhauses. Ida besuchte die "Taubstummenanstalt" 
                in Hildesheim unter Direktor Kulgatz und traf 1870 Pacher zum 
                erstenmal in ihrem väterlichen Haus.  
                Das Ehepaar Pacher erhielt Glückwunschtelegramm vom Kronprinzenpaar 
                Friedrich und Victoria von Preußen. 
                 
               
              - 1879 Anerkennung für 
                Pachers Firma mit der Urkunde "Hoflieferant des Deutschen 
                Kronprinzen" durch den Kronprinz Friedrich. 
 
                Friedrich wurde später für kurze Zeit der Kaiser Friedrich 
                III. 
                 
               
              - 25. Februar 1884 Verleihung 
                des Diplom-Titels eines "Herzoglicher Commissionsrat" 
                vom Herzog von Coburg-Gotha an John E. Pacher.
 
                 
               
              - 24. August 1884 Tod 
                seiner Mutter.
 
                Sein Vater war in den 70er Jahren schon gestorben. 
                 
               
              - 1880-1890 Umzug zur 
                Wohnung an der Alster 21/Aussenalster (unweit von der damaligen 
                "Taubstummenanstalt" an der Koppel).
 
                 
               
              - 1887 Umsiedlung des 
                Betriebes zur fertiggestellten Fabrik an der Humboldtstrasse 26 
                in Uhlenhorst bei Hamburg. 
 
                Die Fabrik war nach Pachers Idee gebaut worden.  
                 
               
              - 1888-1890 Anerkennung 
                der Fabrik mit der Urkunde "Kaiserlicher Hoflieferant" 
                durch Kaiser Wilhelm II., dem Sohn vom Kaiser Friedrich III.
 
                 
               
              - 10. Januar 1890 Feier 
                anlässlich des 25jährigen Betriebsjubiläums in 
                der Fabrik mit vielen Gratulationstelegrammen und hochrangigen 
                Persönlichkeiten von der Stadt Hamburg.
 
                In der Fabrik von Pacher gab es mehr als 40 Arbeitsplätze, 
                davon ein Drittel für Gehörlose. Die Abteilungen waren 
                Lithographie, Druckerei und Buchbinderei. In der Buchbinderei 
                beschäftigten sich alleine neun Gehörlosen unter dem 
                gehörlosen Meister Adalbert Tomei. Zwei Gehörlose waren 
                als Lithograph tätig und einer als Drucker.  
                Die Mitarbeiter hatten Aufträge aus verschiedenen Ländern 
                zu erledigen. Neben dem Geschäftsführer Martens war 
                auch ein Buchhalter eingestellt worden. Schließlich hatte 
                Pacher einen eigenen Stand in der Hamburger Börse. 
                 
               
              - 18. Januar 1890 Jubiläumsfeier 
                im großen Saal des Victoria-Gartens in Barmbek mit 200 Personen. 
                
 
                Auf der Feier wurde John Pacher mit dem großen Commandeurstern 
                des persischen Sonnen- und Löwenordens 2. Klasse (Brillantorden 
                am Band) von einem persischen Vertreter geehrt. 
                 
               
              - 9. Mai 1892 Unerwarteter 
                Tod von Ida Pacher durch Darmentzündung (ausgerechnet zum 
                50. Geburtstag ihres Ehemannes). 
 
                 
               
              - nach 1892 Umzug zur 
                Wohnung in der Hartwicusstrasse 4 (an der Aussenalster)
 
                 
               
              - 16. Mai 1893 Heirat 
                mit Hedwig Gramsch (gehörlos) aus Schwiebus mit dem Gehörlosenpfarrer 
                Schönberner in Berlin.
 
                 
               
              - Frühjahr 1897 
                Heirat mit der dritten gehörlosen Frau Emma Wawak von Adlar 
                (1857-1930) nach der Scheidung von zweiter Frau.
 
                 
               
              - 7. Februar 1898 Tod 
                von John Pacher nach einem Gehirnschlag. 
 
                Beerdigung auf dem Grab neben seiner ersten Frau auf dem Ohlsdorfer 
                Friedhof unter zahlreicher Beteiligung 
             
             
               
              Es gab bis in die 1930er Jahre Streitigkeiten um den Nachlass von 
              John Pacher. Da er keine Kinder hinterließ, hatten die dritte 
              Frau und die Angehörigen von Johns Geschwister Anspruch auf 
              das Erbe. Die Testamentsvollstrecker setzten die Nichten Olga und 
              Anita, Töchter seiner Schwester Agnes, als die Nachlassverwalter 
              ein, obwohl die Nichten von Pachers Unternehmertum wenig wussten. 
              Hingegen bekam die Witwe Emma Pacher die Nutznießung. Das 
              33jährige Unternehmen von John E. Pacher fand keine Fortsetzung. 
              Dessen Fabrik musste allmählich verkleinert und geschlossen 
              werden. 
               
              Durch die Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Renate Fischer, Karin 
              Wempe, Silke Lamprecht und llka Seeberger wurde John E. Pacher wieder 
              entdeckt. Siehe hierzu in den Artikeln im "Das Zeichen", 
              9. Jahrgang, Nr. 32, 1995, S. 122-133 und Nr. 33, 1995, S. 254-266. 
               
               
              Helmut Vogel 
             
            
             
              
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