History  
Zum Gedenken an Paul Kroner


In diesem Jahr jährt sich zum 60. Mal des Todestages von Paul Kroner. Er war eines der aktiven Mitglieder der Gehörlosenbewegung und einer der Begründer des Berliner Taubstummen-Schwimm-Vereins 1900 e.V. (BTSV), des ältesten Gehörlosen-(Sport)vereins in Deutschland. und des Deutschen-Gehörlosen-Bundes. Paul Kroner war Jude und lebte von 1880 bis 1943. Er wurde im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Sein Schicksal, das er mit vielen anderen gehörlosen Juden geteilt hat, darf nicht vergessen und verdrängt werden.


Paul Kroner wurde am 9. Juni 1880 als Sohn einer jüdischen Familie in Berlin , geboren. Sein Vater, Träger des Kriegsverdienstordens des 1. Weltkrieges, besaß eine Kleiderfabrik. Jedes Jahr zu Weihnachten bedachte der wohlhabende Vater die Jugendabteilung des BTSV mit einer Geldspende.


Den BTSV mitgegründet
Als 20-Jähriger gründete Paul Kroner mit seinen Kameraden 1900 den BTSV. Ein weiterer Mitbegründer O. Kollmann schrieb darüber in einer Vereinschrift von 1926 „... In der zweiten Hälfte des Monats Juni 1900 gingen B. Arnold, Paul Kroner und ich zusammen zum Turnen. Wir sprachen oft darüber, ob wir nicht einen neuen Schwimmverein gründen können. So wurde dann am 8. Juli 1900 in Friedrichshagen gegründet. ::: Zum 1. Vorsitzenden und Schriftführer wurde Arnold gewählt, zum 1. Kassierer Kroner ... “.


Ein guter Schwimmer
Paul Kroner wurde schnell ein guter Schwimmer und dachte immer gerne daran zurück, wie er 1903 im großen Müggelseeschwimmen von einem Gewittersturm überrascht wurde. Alle Schwimmer stiegen rasch in bereitstehende Boote Kroner vergaß man jedoch in der Panik auf dem See. Er schwamm jedoch alleine durch die wogenden Wellen zurück zum rettenden Ufer.


Ehrenamtliche Tätigkeit
20 Jahre lang war Paul Kroner ehrenamtlich im BTSV Kassierer und Schatzmeister und wurde er 1920 zum Ehrenmitglied des BTSV ernannt.
Paul Kroner bekleidete noch weitere wichtige Ämter so z.B. das Amt des Schatzmeisters im „Zentralverein für das Wohl der Taubstummen in Berlin“, der damals praktisch der Gehörlosen-Verband Berlins war. Dieser Verein hatte nur eine kleine Mitgliederzahl, von rund 20 begüterten gehörlosen und hörenden Wohltätern. Sie förderten die Gehörlosen durch den Kauf von zwei Häusern, in den Taubstummenheime eingerichtet wurden. Durch die Mieteinnahmen der Häuser konnte der Verein dann auch Beratungsbüro für die Gehörlosen finanzieren. Diese Beratungsbüros waren ein Ersatz für die damals in Berlin noch nicht bestehenden Sozialämter.


Genoss allgemein großes Vertrauen
Paul Kroner hatte eine Dentistenausbildung durchlaufen und besaß eine große Zahn-Praxis. Dort bot er auch jungen Gehörlosen Ausbildungsplätze an. Zahlreiche Gehörlosen ließen sich bei ihm behandeln.
Nach dem 1. Weltkrieg, der 1918 endete, wurde Deutschland durch viele schwere wirtschaftliche Krisen heimgesucht. Zahlreiche Gehörlose waren arbeitslos und viele Firmen gingen pleite. Trotz der Inflation schaffte es Paul Kroner durch sein wirtschaftliches Geschick, jedoch den Zentralverein weiterzuführen. Er genoss allgemein ein großes Vertrauen, wie auch die damalige Gehörlosen-Zeitung wiederholt erwähnte.


Gründungsmitglied des Regede
Paul Kroner war auch eines der Gründungsmitglieder des „Reichsverbandes der Gehörlosen Deutschlands“ (Regede), Dieser war der Vorgänger des Deutschen Gehörlosen-Bundes, der 1927 entstand. Sein Bruder Heinrich Kroner, der Rechtsanwalt war, verhalf bei der Gründung des Regend und meldete ihn beim Berliner Amtsgericht an.
1930 ehrte die Gehörlosen-Zeitung Paul Kroner zu dessen 50. Geburtstag mit einem langen Artikel und einer Karikatur des gehörlosen Künstlers Ferdinand A. Burger. Paul war zu dieser Zeit sowohl in Deutschland als auch im Ausland eine bekannte und geachtete gehörlose Persönlichkeit.

Eine dunkle Zeit
1933 brach für Deutschland eine dunkle Zeit an. Nach der Machtübernahme der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei) und der Gleichschaltung (zwangsweiser Zusammenschluss) entbanden die gehörlosen Nazis im Regede und im Deutschen Gehörlosen-Sportverband Paul Kroner von allen Ämtern. Sie schlossen ihn als Mitglied aus, weil er Jude war. Er und alle anderen jüdischen Gehörlosen in Deutschland wurden somit auch aus der Gehörlosen-Gemeinschaft ausgeschlossen.


Anordnung: Jüdische Mitglieder müssen Vereine verlassen
Dagegen protestierten zahlreiche nichtjüdische Gehörlose. Daraufhin gab der neuen Reichs-Fachschaftsleiter des Regede, Fritz Albreghs, in einer „Amtlichen Bekanntmachung“ in der damaligen Gehörlosen-Zeitung in Bezug auf Paul Kroner bekannt: „In einem Sonderfalle hatte sich ein Landesverband (Berlin) dafür eingesetzt, dass ein taubstummer Jude, der sich um die Taubstummensache immerhin verdient gemacht hat, als Dentist weiterhin zur Kassenpraxis zugelassen würde. (...) Ich ordne hiermit an, soweit Juden innerhalb der gesamten Organisation noch Mitglieder in den Vereinen sind, sind dieselben umgehend zu streichen. Es bleibt den Juden überlassen, sich in eignen Vereinen zusammenzuschließen Zuwiderhandlungen gegen diese meine Anordnung werde ich aufs nachdrücklichste ahnden. Berlin, dem 18. Juli 1933“. Weiter steht es auch fett geschrieben: „Vorstehende Anordnung ist sofort und ohne Ausnahme durchzuführen.“


Opfer eines verbrecherischen Systems
Während des Dritten Reiches litt Paul Kroner wie alle gehörlosen und hörenden Juden unter zahlreichen Repressalien. So verlor er unter anderem seine Zahnbehandlungspraxis. Aber er kam noch schlimmer. Am 3. März 1943 wurde Paul Kroner mit dem 33. Transport in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.


400 bis 600 Berliner gehörlose Juden umgebracht
Von 1939 bis 1945 wurden zusammen mit Paul Kroner 400 bis 600 Berliner gehörlose Juden in den Konzentrationslagern umgebracht. Die in der Gehörlosenpädagogik sehr bekannte „Israelitische Taubstummenanstalt in Berlin-Weißensee“ und das Altersheim für jüdische Gehörlose wurden unter Druck der NSDAP-Partei 1943 zwangsweise an das Bezirksamt „verkauft“.



Jochen Muhs
Bild 1: Paul Kroner, ermordet 1943 im Vernichtungslager Auschwitz.

Bild 2: 1930 ehrte ihn die Gehörlosen-Zeitung mit dieser Karikatur von Ferdinand A. Burger und schrieb Paul Kroner, der bekannteste Berliner Gehörlose, wurde kürzlich 50. Jahre alt.

Bild 1: Bild 2:


 
Paul Kroner