Vortrag am
20.05.00 von Olaf Tischmann anlässlich des 200. Geburtstags
von C.H. Wilke (Zusammenfassung)
Seit
2
Jahren arbeite ich als Sonderschullehrer an der
Ernst-Adolf-Eschke-Schule für Gehörlose hier in Berlin, und im Rahmen
eines kleinen Projekts mit meiner 10. Klasse haben wir uns mit Wilke
befasst. Wir suchten Informationen in Zeitschriften und im Internet
und stellten mit dem Material eine Infowand zusammen, die wir genau
am 200. Geburtstag in der Eingangshalle der Schule aufstellten.
Die Schüler waren begeistert und haben sehr engagiert geschrieben,
geklebt und gebastelt. Das Interesse der Lehrer war allerdings auch
groß, und bis heute stehen immer mal wieder Schüler oder Lehrer
vor der Infowand, um einen Artikel zu lesen. Die Schüler der Klasse
10 verteilten kleine Zettel an die Lehrer, um ein kurzes Meinungsbild
über den gehörlosen Lehrer Wilke zu bekommen. Die Rückmeldungen
waren sehr spannend. Immer wieder wurde geschrieben: „Schade, dass
es bisher nur so wenig gehörlose Lehrer an den Schulen gibt. Wir
wünschen uns mehr davon!" Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn
ich sehe darin ein Zeichen für die gute Zusammenarbeit zwischen
den hörenden Kollegen und mir. Diese Zusammenarbeit war und ist
ein wichtiges Ziel für mich, denn sie ist die Grundvoraussetzung
für eine gute Gehörlosenbildung! In den vergangenen 5 Jahren habe
ich in unterschiedlichen Lehrerkollegien gearbeitet, und immer war
ich der einzige gehörlose Lehrer. Das ist natürlich nicht immer
leicht, aber es ist doch eine spannende Aufgabe. Schrittweise hält
so die Gehörlosenkultur Einzug in die Gehörlosenschulen, und das
wird insgesamt sehr positiv gesehen. Nicht nur im Unterricht gibt
es Änderungen durch das neue Fach Gehörlosenkultur, sondern auch
im Lehrerzimmer wird plötzlich gebärdet, und das ist ein ganz wichtiger
Schritt für die Entwicklung der Gehörlosenpädagogik. So wird Gebärdensprache
immer selbstverständlicher. Besonders wichtig ist es aber für die
Schüler, dass gehörlose Lehrer an die Schulen kommen, denn sie brauchen
gehörlose Erwachsene, mit denen sie sich identifizieren können.
Somit geht der Wunsch nicht nur von mir aus, dass in Zukunft mehr
gehörlose Lehrer an den Schulen arbeiten. Aber ich will nicht vertuschen,
dass ich mich sehr darüber freuen würde.
Die Klasse 10 vor ihrer Infowand zum 200. Geburtstag
von C.H. Wilke
Der Kreis schließt sich. Der gehörlose
Lehrer Olaf Tischmann (links) unterrichtet über den gehörlosen
Lehrer Carl Heinrich Wilke - seinen Amtsvorgänger aus dem
vorvorigen Jahrhundert.
"Dieser
Artikel wurde uns freundlicherweise von Bernd
Rehling zur Verfügung gestellt."
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