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Sehen statt Hören: |
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Sendung im Bayerischen
Fernsehen am 16. 07. 2000 |
Carl Heinrich Wilke war ein taubstummer Taubstummenlehrer (damals
empfand man das Wort "taubstumm" nicht als diskriminierend), der auch
heute noch Vorbild sein kann für gehörlose SchülerInnen. Taubstumme
Lehrer verschwanden nach den Oralismus-Beschlüssen von 1880 von der
Bildfläche. Da sie selbstverständlich gebärdeten, passten sie nicht
mehr ins System. Für sie gab es so etwas wie ein Berufsverbot.
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Vorbildlich für die Zusammenarbeit von Gehörlosen und Hörenden:
Carl Wilke (links) unterhält sich mit seinem Direktor.
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Noch bis vor kurzem hielten die (hörenden) Gehörlosenpädagogen es
für unmöglich, dass ein Gehörloser den Bildungsstand erreichen könnte,
um Pädagoge zu werden. Glücklicherweise hat sich das in den letzten
Jahren geändert. Einer der jungen hoffnungsvollen gehörlosen Pädagogen,
Helmut Vogel, hat sich der Geschichte der Gehörlosen verschrieben
und auch über Carl Heinrich Wilke einiges zutage gefördert.
Carl Heinrich Wilke hat "Methodische Bildertafeln" gezeichnet. Sie
dienten der Veranschaulichung und vor allem der Begriffsbildung bei
gehörlosen SchülerInnen. Der visuelle Kanal wurde genutzt, nicht nur
per Gebärdensprache, sondern auch mit Bildmaterial und Schriftsprache.
Da selbstverständlich auch die Lautsprache gelehrt wurde, kann man
diese "kombinierte Methode" durchaus schon als "total communication"
bezeichnen - mit den Medien, die damals zur Verfügung standen. Carl
Heinrich Wilke war also ein Vorreiter der AV-Medienlehrer im Hörgeschädigtenbereich.
Und nicht nur da. Seine "Methodische Bildertafeln" wurden durchaus
auch bei Hörenden benutzt, bis in unser Jahrhundert hinein.
Alles in allem Grund genug, Carl Heinrich Wilke als herausragende
Persönlichkeit zu ehren.
In Ostfriesland werden zur Zeit seine Werke ausgestellt. Nicht, um
den "taubstummen Helden" zu ehren, sondern wegen der hervorragenden
Qualität und pädagogischen Bedeutung seiner Bildertafeln. Sie sind
schlicht und einfach, aber eben so schön, dass man sie sich einrahmen
und ins Wohnzimmer hängen möchte. Außerdem vermitteln sie, ähnlich
wie die alten holländischen Meister, Einblicke in das Leben der Menschen
im vorigen Jahrhundert. Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich also
in jedem Fall.
Eine Feierstunde mit
Ausstellung zu Ehren Wilkes hat am 20.5.2000 in Berlin stattgefunden.
"Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von Bernd
Rehling zur Verfügung gestellt."
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